Eine Armee aus mündigen, kritischen und gewissensgeleiteten Menschen, die Vielfalt leben und freiheitlich-demokratische Werte verinnerlicht haben – passt das zur Bundeswehr? Ja, das ist nicht nur möglich, sondern notwendig, sagen die Entscheidungsträger:innen. Wie das Prinzip der Inneren Führung Vielfalt und Inklusion bringt und welche Herausforderungen dabei zu bewältigen sind, beleuchtet dieser Artikel.
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Die Bundeswehr steht heute vor großen Herausforderungen: Als „Parlamentsarmee“ soll sie nicht nur Deutschland verteidigen, sondern auch die Werte der Demokratie, Freiheit und Vielfalt repräsentieren. Die „Innere Führung“ ist dabei das zentrale Leitkonzept, das seit über sechzig Jahren als ethisches und moralisches Fundament dient. Sie stellt sicher, dass Soldat:innen nicht bloß Befehle ausführen, sondern als reflektierte Staatsbürger:innen handeln. In einer Zeit, in der extremistische Einflüsse und gesellschaftliche Spannungen zunehmen, ist die Innere Führung relevanter denn je – als Schutzschild gegen Radikalisierung und als Kompass für ein modernes, inklusives Militär. Diese Werte und Fragen standen im Zentrum einer Tagung zur Inneren Führung in Potsdam, bei der erfahrene Offiziere, Studierende und Fachleute gemeinsam über die Zukunft der Bundeswehr diskutierten.
Eine Vision von Wandel und Integrität
Potsdam, ein früher Morgen im Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr: Zahlreiche Teilnehmer:innen sitzen in einer Tagung zur „Inneren Führung“ und hören aufmerksam zu. In diesem Workshop geht es nicht nur um theoretische Konzepte – es geht um das Wertefundament, auf dem die Bundeswehr steht und um die Herausforderungen, die Soldat:innen im 21. Jahrhundert begleiten. Unter den Teilnehmenden befinden sich sowohl Studierende als auch erfahrene Offiziere. Alle eint die Überzeugung, dass die Innere Führung mehr ist als ein Leitfaden: Sie bildet die Grundlage für eine Kultur, die Vielfalt wertschätzt und extremistischen Tendenzen entschieden entgegenwirkt. Die Innere Führung ist das Fundament einer demokratischen und inklusiven Kultur innerhalb der Streitkräfte.
Die Anwesenden gehören zu einer großen Gemeinschaft von Soldat:innen, die sich aktiv für Demokratie und gegenseitigen Respekt einsetzen. Sie tragen die Werte der Inneren Führung in ihren Dienstalltag und streben danach, diese Prinzipien zu leben und weiterzugeben. In einer Zeit, in der die Bundeswehr zunehmend im Fokus der Öffentlichkeit steht, nimmt die Innere Führung eine Schlüsselrolle ein – als Fundament für eine Institution, die nicht nur Schutz und Frieden gewährleisten soll, sondern auch zeigen soll, wie Demokratie funktioniert.
Zu den Inhalten der Tagung gehörten Themen wie „Das Erzieherische der Politischen Bildung in der Bundeswehr,“ „Bildung als Grundlage ethischer und politischer Bildung,“ „Partizipation statt Alibi! Der Einfluss der realen Führungskultur auf den Erfolg politischer Bildung,“ „Verschwörungsmythen in der politischen Bildung,“ und „Rechtspopulismus und politische Bildung.“ Auch ich selbst nahm an der Tagung teil und hielt zusammen mit einem Kollegen einen Vortrag zum Thema „Werkzeuge der Demokratisierung für gebildeten Patriotismus – Reflexionen über Ansprüche an die Persönlichkeitsentwicklung von ‚Staatsbürger:innen in Uniform‘.“ Wie häufig im Kontext der Bundeswehr wurde dabei die zentrale Frage gestellt: „Würden Sie unter einem AfD-Verteidigungsminister Dienst tun? Und wie begründen Sie Ihre Antwort?“
Die Tagung ist eine von vielen Initiativen, mit denen die Bundeswehr auf Herausforderungen wie Rechtsextremismus und Sexismus innerhalb der Streitkräfte reagiert. Diese Bedrohung wird oft unterschätzt, obwohl Rechtsextreme versuchen, die Bundeswehr systematisch zu unterwandern, um als „Staatsfeinde in Uniform“ einen „Staat im Staate“ zu schaffen. Dabei bedienen sich rechtsextreme Akteur:innen demokratischer Mechanismen und Elemente, um ihre Positionen zu festigen. Die Streitkräfte setzen auf verschiedenen Ebenen an, um dieser Gefahr zu begegnen – doch es scheint, dass das Ausmaß dieser Bedrohung lange nicht ernst genug genommen wurde, ebenso wenig wie der Zusammenhang zwischen Rechtsextremismus und Sexismus.
Die Tagung setzt genau hier an: Sie schafft Bewusstsein und entwickelt Handlungsansätze. Ich vertrete dabei die Position, dass es zielführender ist, die Bundeswehr demokratischer zu gestalten, als mich in Utopien über die komplette Abschaffung der Streitkräfte zu verlieren. Mir ist es ein Anliege…