"Jemand, der nicht rund um die Uhr bezahlt wird, sollte nicht dafür bestraft werden, dass er nicht rund um die Uhr online und verfügbar ist"

Australien setzt Maßstäbe mit dem ‚Recht auf Abschalten‘ für Beschäftigte

von | 20. Februar, 2024

In einem Schritt zur Bekämpfung von Überarbeitung hat der australische Senat Anfang Februar ein Gesetz verabschiedet, das Beschäftigten das Recht einräumt, Anrufe und Nachrichten außerhalb der Arbeitszeit zu ignorieren, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Das Gesetz geht nun zur endgültigen Verabschiedung an das Repräsentantenhaus zurück.

Das neue Gesetz, dessen Verabschiedung im Repräsentantenhaus ohne Probleme erwartet wird, erlaubt es australischen Beschäftigten, „unangemessene“ geschäftliche Kommunikation außerhalb der Arbeitszeit abzulehnen. Der Begriff „unangemessen“ umfasst mehrere Faktoren, u. a. die Vergütung der Überstunden, den Zweck des Kontakts und seine Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers. Unternehmen, die Mitarbeitende bestrafen, die auf solche Forderungen nicht eingehen, können mit Geldstrafen belegt werden.

„Jemand, der nicht rund um die Uhr bezahlt wird, sollte nicht dafür bestraft werden, dass er nicht rund um die Uhr online und verfügbar ist.”

Premierminister Anthony Albanese

Es handelt sich um eine Änderung eines Pakets vorgeschlagener Gesetzesänderungen zur Stärkung der Arbeitnehmendenrechte. Die Gesetzgebung umfasst auch Schutzbestimmungen für befristet Beschäftigte sowie neue Standards für Leiharbeitskräfte wie Lieferant:innen.

Australien folgt damit dem Beispiel europäischer Länder wie Frankreich, das 2017 das Recht für Arbeitnehmende einführte, sich außerhalb der Arbeitszeit von der Arbeit freistellen zu lassen. Auch in Deutschland drohen Unternehmen bei erheblichen Unterbrechungen der Ruhezeit mitunter Bußgelder und die Möglichkeit einer Strafbarkeit. Zugleich zeigte eine aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, dass Arbeitnehmende hierzulande nicht per se ein Recht auf Unerreichbarkeit in ihrer Freizeit haben. 

Reaktion auf das Verschwimmen der Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben in Australien

Unternehmensgruppen und Oppositionspolitiker:innen kritisieren die Regelung als übereilt und als einen Eingriff der Regierung, der es Unternehmen erschweren könnte, ihrer Arbeit nachzugehen. Befürworter:innen hingegen betonen, dass die Regelung notwendig sei, um die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben zu wahren, insbesondere angesichts der zunehmenden Verwischung dieser Grenzen während der Pandemie.

Die Australier:innen genießen bereits eine Reihe von gesetzlichen Leistungen, darunter 20 Tage bezahlten Jahresurlaub, obligatorischen bezahlten Krankenurlaub, sechs Wochen Langzeiturlaub für Beschäftigte mit einer Betriebszugehörigkeit von mindestens sieben Jahren, 18 Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaub und einen landesweiten Mindestlohn von etwa 15 Dollar pro Stunde.

Nach Neuseeland, Spanien und Frankreich liegt das Land im Work-Life-Balance-Index weltweit an vierter Stelle. Dies unterstreicht die kulturelle Bedeutung der Work-Life-Balance für die Australier:innen. Deutschland befindet sich im Ranking auf Platz zwölf von insgesamt 60 gelisteten Ländern – dies zeigt, dass die Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben für die Arbeitnehmer:innen hierzulande bereits gut gezogen sind, gleichzeitig aber noch Lernpotenzial von anderen Ländern besteht.

Beitragsbild: Sten Ritterfeld auf Unsplash

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Viktoria Franke

Unsere Chefredakteurin a.D. Viktoria begann noch während des Studiums, als Sportjournalistin durch die Welt zu ziehen. Mittlerweile berät sie kleine Einzelkämpfer und große Unternehmen in ihrer Innen- und Außenkommunikation und organisiert weltweit Pressebereiche bei Sportevents. Good News sind bei all dem Trubel genau so wichtig für ihre mentale Gesundheit wie ein Stück Schokolade.

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