Ein weiteres Jahr in Bewegung für eine gerechte Welt
Es muss noch viel mehr geschehen. In Deutschland verdienen Frauen auch 2021 noch weniger als Männer (Gender Pay Gap). Außerdem leisten sie 60% mehr unbezahlte Arbeit im Jahr, beispielsweise in der Pflege oder im Haushalt. Solche und andere „harte Fakten“ führen vor Augen: Es gibt noch viel zu tun. Ist im letzten Jahr überhaupt konkret etwas bewegt worden? Ja! Doch was bedeutet der 08. März heute? Wie verändert sich der Weltfrauentag? Und welche Erfolge können wir heute feiern?
Gar nicht lang her
„Als dein Opa und ich heirateten, da hatte ich keinen Zugriff auf unser gemeinsames Konto. Nur mit seiner Hilfe war ich in der Lage Geld abzuheben. Ja, da hatte aber Opa auch keine Wahl, das war das Gesetz“, erzählt mir Oma beim Kaffeetrinken am Sonntag. Zwinkernd fügt sie hinzu: „Aber Wählen, das durfte ich immerhin schon.“ Wir schütteln beide ungläubig den Kopf. Für mich heute unvorstellbar und doch sind die Rechte, die mir selbstverständlich erscheinen, das Ergebnis einer Jahrhunderte andauernden Befreiung von Unterdrückung, Benachteiligung und Ausbeutung, von Schmerz und Diskriminierung. Erst seit 1919 dürfen Frauen in Deutschland wählen.
Herstory
Zehn Jahre länger als das Wahlrecht für Frauen, gibt es den Weltfrauentag. Er war das Ergebnis des Wirkens von sozialistischen Organisationen vor dem ersten Weltkrieg. Am 08. März 1908 riefen Frauen in New Yorker Fabriken dazu auf, zu demonstrieren und ihre Rechte einzufordern. Sie litten unter der Gewalt und den Arbeitsbedingungen, forderten außerdem ihr Wahlrecht. So schlug ein großer Streik Wellen, erst in New York, dann weltweit. Ein Jahr später, am 08. März 1909, feierten die USA zum ersten Mal den Weltfrauentag.
Doch zurück zum 08. März 2021: Ein Grund zu feiern oder eher eine Kampfansage der FLINTA* ans Patriarchat?
Wer feiert denn wen?
Moment mal, eben sprachen wir vom Weltfrauentag, wer ist denn jetzt FLINTA*? Mit dem Begriff Frau, oder dem Versuch des Frauensternchen (Frauen*), fühlen sich viele Menschen nicht wahrgenommen und repräsentiert. Diese Stimmen werden immer lauter und sollten gerade an einem Tag, der für den Kampf gegen Diskriminierung steht, gehört werden. Ihrer Meinung nach sollte dieser Tag WeltFLTINTA*tag heißen oder auch feministischer Kampftag.
F steht bei der Zusammenfassung FLINTA* für Frauen (heterosexuelle cis-Frauen), L für Lesben (homosexuelle Frauen), I für Intersexuelle Personen, N für Nicht-binäre Personen, T für Trans Personen (trans Frauen) oder Trans*gender und A für Asexuelle Personen (Personen ohne /mit wenig sexuellem Verlangen), Aromantische Personen (Menschen die keine/wenig romantische Anziehung verspüren) und/oder Agender (Personen, die sich keinem Geschlecht zuordnen), das Sternchen steht für alle nicht explizit erwähnte Personen, die sich nicht in eine der oben genanten sexuellen Orientierungen oder Geschlechtsidentitäten einordnen und trotzdem gemeint sind.
All diese Menschen kämpfen für ihre Rechte und sollen heute mitgedacht werden.
Feminismus entstaubt
Das Thema Feminismus ist auch im letzten Jahr weiter in die Öffentlichkeit gerückt. Mittlerweile ist auch einer jüngeren Generation klar, dass der Diskurs und seine Geschichte nicht nur etwas für weiblich gelesene Menschen ist, sondern jeden und jede etwas angeht. Die Vorurteile Feminist:innen seien ja nur „Männerhasser“, werden immer mehr ad acta gelegt. Besonders feiern können wir, dass der Diskurs breiter geworden ist – und vor allem selbstkritischer! Waren in der Vergangenheit häufig Weiße, hetero Frauen, die Diskursführerinnen, so gestalten heute zum Glück viele Menschen mit diversen Hintergründen mit und verschaffen sich immer mehr Gehör.
Vor allem die Perspektiven von Schwarzen oder migrantisierten Menschen, von Muslimas (mit und ohne Kopftuch), von trans Frauen und von vielen mehr, wurden in der Vergangenheit ignoriert. Teilweise sind ihre Perspektiven sogar von den selbsterkorenen Feminist:innen bewusst unterdrückt, negiert und bewertet worden, wie man zum Beispiel an der Debatte um den Hijab sieht, die muslimische Kopfbedeckung. Immer noch meinen hier viele ein Indiz auf Unterdrückung zu erkennen, anstatt einfach mal den Hijabis (Menschen, die ihren Hijab tragen) zuzuhören!
Kleiner Jahresrückblick 2020 – Läuft bei uns?
Besonders, was den Umgang mit Menstruation angeht, bewegt sich etwas. Jedoch nur langsam und leider auch noch nicht ganz in Deutschland angekommen. Immerhin wurde auch hier die Mehrwertsteuer für Periodenprodukte gesenkt und sie werden nun nicht mehr wie ein Luxusprodukt besteuert.
In England gibt es seit Anfang 2020 kostenlose Periodenartikel in Schulen. Dafür hatte eine NGO gekämpft, mit großem Erfolg, denn nun wird es auch seitens der Regierung unterstützt. In Schottland gibt es außerdem seit dem Sommer 2020 kostenlose Menstruationsartikel auf Toiletten in öffentlichen Gebäuden. Ende des Jahres erreichte außerdem eine frohe Botschaft aus Stuttgart die Öffentlichkeit. Hier soll sexistische und diskriminierende Werbung verboten werden.
Eine der Heldinnen des Good News Magazins ist außerdem Theresa Kachindamoto. Lest euch im Artikel ihre wertvolle Arbeit durch.
Wir haben unsere Community gefragt: „Welche Frau inspiriert dich besonders? Und wieso?“
- Luisa Neubauer, weil sie so authentisch und mutig für etwas kämpft, von dem sie überzeugt ist. Niemand repräsentiert Klimaschutz so sehr wie sie. Weil sie sich nicht unterkriegen lässt und für ihre Sache einsteht. (mehrmals genannt)
- Jane Goodall: Ihre unermüdliche, friedliche und liebevolle Forschung! (mehrmals genannt)
- Angela Merkel: Egal was alle sagen, sie ist eine intelligente, starke Frau. (mehrmals genannt)
- Im Nachhinein betrachtet, ganz sicher meine Oma & meine Mama! (mehrmals genannt)
- Die Oma von meinem Freund!
- Yavi Hameister (@yavi_moves): authentisch, echt, humorvoll, mitten ins Herz und aus dem Leben!
- Bertha von Suttner
- Meine Schwestern
- Jede unabhängige, selbstbewusste Frau
- Gülşah Gabriel: Sie ist die Ruhe und Unabhängigkeit in Person!
- Meine Freundin Caro, die mit ihrem Selbstbewusstsein heller als die Sonne strahlt!
- Sängerin Pink
- Laura Philipp: Sportlerin, die dazu beiträgt, dass Themen wie Zyklus kein Tabu mehr sind.
- Meine Mama + Amanda Palmer
- @mymiapage bei Instagram
- Vandana Shiva, weil sie nie aufgibt die Welt ein bisschen besser machen zu wollen.
- Beate Uhse-Rotermund: Was eine Frau! Pilotin, Geschäftsfrau, mit 75 Tauchschein gemacht!
- Ashley Graham: Sie liebt sich so sehr, sie ist einfach so schön und natürlich. Absolut tolle Frau!
- Ariana Grande
- Aleksandra Orbeck-Nilssen: vielfältige Powerfrau!
- Marie Curie
- Dunja Hayali – für ihren Mut und ihre Hartnäckigkeit!
- Shirin David, weil sie für den Feminismus einsteht, bei allem was sie tut.
- Emma Watson, aufgrund ihres Engagements.
- Kittey
- Vera F. Birkenbihl: Sie glänzt mit Wissen, Humor & Empathie. Das half mir, mich wieder zu finden.
- Meine Mutter, meine Mitbewohnerinnen. Klug, selbstbewusst, humorvoll, hilfsbereit.
- Jane Elliott, weil mich ihre Arbeiten und ihre Interviews nur beeindrucken + still rocking mit 87.
- Meine Oma, sie war der optimistischste und stärkste Mensch, den ich kenne.
- Meine Freundin und ihre unfassbare Empathie.
- Meine Mama, sie hat uns zwei alleine ganz wunderbar aufgezogen.
- Astrid Lindgren, sie gab Kindern ein Gesicht und eine Stimme in einer kalte lieblosen Zeit.
- Greta Thunberg: Jung, weiblich und schon so stark und engagiert.
- Natascha Wegelin: Sie inspiriert Frauen dazu, selbstständig und langfristig Vermögen auszubauen.
- Malala Yousafzai: Sie hat wirklich was verändert. Und dafür fast mit dem Leben bezahlt.
- Lady Gaga: Weil sie sich selbst erfunden hat, Kunst schafft, LGBTQI+ unterstützt & stark ist.
- Ich mich selbst
- Madeleine Alizadeh
Beitragsbild: Lucia Lehmann, 08. März 2020 in Köln