Der Demokrat Zohran Mamdani hat die Vorwahlen zur Bürgermeisterwahl in New York City überraschend und mit deutlichem Vorsprung gewonnen. Sein Erfolg steht für etwas Seltenes in der aktuellen US-Politik: Hoffnung, getragen von Menschlichkeit, Nahbarkeit und echtem Engagement.
Der Vorwahlsieg sendet ein klares Signal: Wer glaubwürdig ist und konkrete Antworten auf soziale Probleme bietet, kann selbst in einer tief gespaltenen politischen Landschaft Menschen bewegen. Ende Juni strömten die Bürger:innen New Yorks zur Wahlurne, um Zohran Mamdani ihre Stimme zu geben, einem Mann, der sich endlich wieder um die wirklichen Belange des Volkes der Metropole zu sorgen scheint.
Der 33-jährige Demokrat wäre der erste indisch-amerikanische und muslimische Bürgermeister von New York City. Zu seinen zentralen Zielen gehören ein kostenloser Busverkehr und bezahlbare städtische Supermärkte ohne Preissteigerungen. Gewonnen hat er die Vorwahl auf eine Weise, die heute selten geworden ist: Ohne große Geldmittel, sondern mit Tür-zu-Tür-Wahlkampf, einer starken Präsenz in den sozialen Medien und dem Vertrauen vieler Menschen, die sich von ihm tatsächlich vertreten fühlen.
Ein Wahlerfolg durch eine Bewegung „von unten”
Zohran Mamdani überzeugte 43 Prozent der Wähler:innen New York Citys mit seinem klaren Ziel, die Lebenshaltungskosten in der „Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten” zu senken. Mit seinem Wahlkampfmotto „Die Lebensunterhaltkosten sind die wahre Krise” [“The cost of living is the real crisis”] konnte er mehrere Tausend Menschen zur Wahl bewegen, die zuvor als Nichtwähler:innen galten, und sogar Stadviertel überzeugen, die 2024 noch rechts gewählt hatten.
Insbesondere der tatkräftige Tür-zu-Tür-Wahlkampf von 50.000 Ehrenamtlichen verhalf dazu, dass in den 14 Tagen vor Anmeldeschluss für die demokratische Vorwahl die Registrierungen der Neuwähler:innen auf 37.000 anstiegen. Zum Vergleich: 2021 waren es im gleichen Zeitraum nur rund 3.000 neue Wähler:innen gewesen. Die Wahlkampagne ist ein blühendes Beispiel für eine Grassroot-Bewegung, also eine Bewegung „von unten”, die sich bis nach oben auswirkt.
Die konkreten Ziele Mamdanis für New York City
Was den jungen Demokraten von seinen Mitstreitern im Wahlkampf klar abgrenzt, ist, dass er vieles grundlegend anders machen möchte. Seine politischen Ziele folgen einer klaren demokratisch sozialistischen Agenda, welche aus Sicht der Republikaner auch gerne als „Bedrohung” betitelt wird. Trump nannte Mamdani beispielsweise einen „linksradikalen Verrückten”, begründet mit dessen offener Unterstützung Palästinas und dem Plan, die Reichsten der Stadt zu besteuern. Legt man jedoch die ideologische Brille ab, liefert Mamdani den Menschen in New York wieder echte Gründe, in ihrer Stadt zu bleiben.
Insbesondere die Arbeiterklasse, welche sich von der Demokratischen Partei entfremdet fühlte, und Haushalte, bei denen der Frust Überhand nahm, wurden von den klaren Formulierungen und Zielen Mamdanis zur Wahl überzeugt. Folgende vier Ziele gehören zu seinen Kernpunkten:
- Gratisbusse: Die Busse in NYC sind die langsamsten in den USA. Zudem kann sich jede:r fünfte New Yorker:in kein Ticket mehr leisten. Mamdani will die Fahrt mit allen Buslinien dauerhaft kostenlos machen. Außerdem sollen die Busse durch mehr Vorfahrtsspuren und schnelle Signale an Ampeln schneller vorankommen. Bereits 2024 hatte er das erste New Yorker Pilotprojekt für kostenlose Busfahrten auf fünf Linien durchgesetzt.
- Mieten einfrieren: Mamdani möchte die Mieten sofort einfrieren und mit allen möglichen Ressourcen neue Wohnungen bauen, um die Mietpreise langfristig wieder zu senken. Denn obwohl viele Millionen New Yorker:innen in mietstabilisierten Wohnungen leben, also solchen, in denen der Mietpreis nur um einen bestimmten Prozentsatz angehoben werden darf, wurden die Prozentsätze unter dem aktuellen Bürgermeister Eric Adams so stark angehoben wie nie zuvor. Seitdem waren viele Angehörige der Arbeiterklasse dadurch gezwungen, die Stadt zu verlassen.
- Lebensmittelkosten senken: Mamdani möchte ein Netz stadteigener Lebensmittelläden einrichten, die sich darauf konzentrieren, die Preise niedrig zu halten und keinen Gewinn zu machen. Ohne Miete oder Grundsteuern zahlen zu müssen, können Supermärkte ihre Gemeinkosten senken und die Einsparungen an die Kundschaft weitergeben. Dabei wird zu Großhandelspreisen ein- und verkauft. Ein Supermarkt in Waco (Texas) beweist bereits, dass das möglich ist.
- Kostenlose Kinderbetreuung: Neben der Miete ist die Kinderbetreuung der teuerste Kostenfaktor für New Yorker Bürger:innen. Mamdani möchte eine kostenfreie Kinderbetreuung aufstellen und die Löhne der Erzieher:innen auf das Level von Lehrer:innen an öffentlichen Schulen anheben. Nur so können Eltern weiterhin ihrer Arbeit nachgehen und die Kinder in ihrer frühkindlichen Entwicklung gefördert werden.
Und wie soll das Ganze bezahlt werden? Auf diese zynische Frage, die politische Gegner:innen gerne stellen, bietet Mamdani auf seiner Website zur Wahl klare und transparente Antworten: Die Körperschaftssteuer soll auf 11,5 Prozent angehoben werden und somit fünf Milliarden Dollar pro Quartal einbringen. Außerdem sollen die reichsten ein Prozent der New Yorker:innen, also diejenigen, die mehr als eine Million Dollar im Jahr verdienen, mit einer Pauschalsteuer von zwei Prozent besteuert werden. Bisher sind die Einkommenssteuersätze in der Stadt im Wesentlichen gleich, egal ob man 50.000 oder 50 Millionen Dollar verdient.


Charismatischer Hoffnungsträger: Wer ist Zohran Mamdani?
Dass Mamdani für die Probleme der Arbeiterklasse und des Volkes brennt, hat einen bestimmten Ursprung. In seiner früheren Tätigkeit in der Wohnberatung erlebte er die Sorgen der Bürger:innen New Yorks an vorderster Front – daher kennt er die Probleme genau und kann gezielt gegensteuern.
Geboren und aufgewachsen ist der 33-Jährige in Uganda, ehe er mit sieben Jahren in die USA kam. Er absolvierte einen Bachelor in Africana Studies am Bowdoin College in Maine und wurde 2018 offiziell US-Amerikaner. Anschließend arbeitete er zunächst als Berater für einkommensschwache Familien in New York City um ihnen dabei zu helfen, gegen korrupte Vermieter:innen vorzugehen, und Zwangsvollstreckungen zu verhindern. Durch die Diskussionen, die er während seiner Arbeit führen musste, wurde Mamdani bewusst, dass Profite häufig über das Schicksal einzelner Menschen gestellt werden. Diese Ungerechtigkeit wurde zum Antrieb für seine Politik. Er war sich sicher:
Die Wohnungskrise ist nicht naturgegeben, sondern eine Wahl.
Seit 2021 ist er Parlamentsmitglied im Bezirksabschnitt des New Yorker Stadtteils Queens und setzt sich leidenschaftlich gegen die Wohnungskrise in der Metropole ein. Sein Talent für Organisation und zur Mobilisierung vieler Menschen zeichnete sich schon zu Schulzeiten ab. So war er war beispielsweise Mitbegründer des ersten Cricket-Teams seiner Schule, und seine politischen Facebook-Posts hatten damals bereits so viel Reichweite wie die des Baseball-Teams New York Yankees.
Die Kraft der Menge – Grassroots Bewegungen
Mit seiner Kraft zum Vernetzen und seiner Willenskraft, immer etwas zu bewegen, schaffte es Mamdani auch zum Wahlsieg in der Vorwahl zur Bürgermeisterwahl. Gerade in New York, wo fest verwurzelte Machtstrukturen schon immer die Wahl von – bislang ausschließlich männlichen – Millionären zu Bürgermeistern begünstigten, gilt das als ein besonderes Erfolgserlebnis. In der ersten Rede nach Auszählung der Stimmen stellte sich Mamdani mit einem breiten Lächeln vor seine Anhänger:innen und zitierte Nelson Mandela: „Es wirkt immer unmöglich, bis es getan ist.” [“It always seems impossible until it’s done.”]
In seinem Wahlkampf zeigte Zohran Mamdani immer große Präsenz auf TikTok, drehte Videos, in denen er mit Substanz und einfachen Worten seine Ziele erklärte. Er nahm an einem Hungerstreik der New Yorker Taxifahrer:innen teil, welche für mehr Arbeitsgerechtigkeit protestierten und bekam Unterstützung von vielen namhaften Politiker:innen, darunter der Senator von Vermont, Bernie Sanders, oder die Senatorin von Massachusetts, Elizabeth Warren. Zudem unterstützten ihn zahlreiche progressive Organisationen.
Doch den wahrscheinlich größten Teil diesen Erfolges trugen die Abertausenden von Ehrenamtlichen, die Mamdanis Visionen unterstützen und dafür mit Herzblut an die New Yorker Haustüren klopften. Als Motto für den Wahlkampf und die Mobilisierung von Ehrenamtlichen galt: „Keine Verzweiflung, sondern Handlung!” [“No despair, but Action!”]. “Es bringt einfach nichts, jetzt zu Hause zu sitzen, sich aufzuregen und weiter auf dem Handy zu scrollen. Deswegen habe ich mich entschieden mitzumachen”, sagt eine junge Ehrenamtliche in einem Bericht über den Wahlkampf von Zohran Mamdani. Es fühle sich gut an ein Teil von etwas zu sein, das tatsächlich Wirkung hat, ergänzt eine weitere Ehrenamtliche.
Eine Bewegung dieses Ausmaßes zur Unterstützung im Wahlkampf ist in der digitalen Welt heute kaum noch üblich. Tascha Van Auken, die freiwillig Hausbesuche von Tausenden ehrenamtlicher Wahlhelfer:innen koordiniert hat, spricht von 1,6 Millionen Türen, an die geklopft wurde und rund 247.000 daraus entstandenen Konversationen. Auch vor abgelegeneren Stadtteilen wurde kein Halt gemacht und immer darauf geachtet, welche Sprache dort vorwiegend gesprochen wird. Eine logistische Masteraufgabe, die von Tascha Van Aukens Erfahrung als Koordinatorin zeugt: Sie betreute auch schon die Straßenkampagnen von Obama.
„Trumps schlimmster Albtraum” – Was das für die USA bedeutet
Dass ein muslimischer Kandidat in New York Bürgermeister werden könnte, in einer Zeit, in der die US-Regierung das Volk wie noch nie zuvor spaltet und sich über Abschiebungszahlen profiliert, ähnelt einer kleinen Held:innengeschichte. Es ist das Ergebnis harter Arbeit vieler überzeugter Menschen, dass sich der junge Politiker Mamdani gegen den Ex-Bürgermeister Andrew Cuomo durchsetzte, welcher im Wahlkampf von den gleichen Milliardären unterstützt wurde wie Präsident Trump. Viele Tausend Menschen mit Werten, die sie antreiben, gegen wenige sehr reiche Menschen, die von Geld angetrieben werden – der Gewinn der Vorwahl ähnelt einem Skript für einen Film, nur dass dieser Film tatsächlich Wahrheit wurde.
Zohran Mamdani ist all das, was Trump nicht ist: Links, menschen- anstatt profitorientiert, progressiv und nicht vorbestraft. Das veranlasst Mamdani dazu, sich selbst als „Trumps schlimmsten Albtraum” zu bezeichnen. Der US-Präsident drohte bereits damit, Mamdani zu verhaften, da er illegal eingereist sei. Jedoch wurde diese Aussage bereits mehrfach widerlegt: Mamdani ist legal in den Vereinigten Staaten. Und gerade ist er ein Hoffnungsträger für Millionen US-Bürger:innen, die den Entwicklungen im Land nicht einfach nur zusehen wollen. Die Begeisterung geht weit über die New Yorker Stadtgrenzen hinaus. Das Wahlergebnis brachte wieder Hoffnung, dass es sich lohnt, wenn sich viele Menschen zusammentun. New York beweist, dass es doch die Stadt sein kann, von der viele einst träumten. Nämlich ein Ort, an dem ein Mensch mit Einwanderungsgeschichte die grundlegenden Werte der Menschlichkeit wieder groß macht und zeigt, dass die Demokratie in den USA nicht tot ist.

Der nächste Schritt: Regieren
Noch ist Zohran Mamdani nicht Bürgermeister von New York. In der finalen Wahl am 4 November 2025 tritt er gegen eine Reihe von Politiker:innen an, darunter den amtierenden Bürgermeister Eric Adams, den parteilosen Kandidaten Jim Walden und die Republikanierin Curtis Sliwa. Mamdani werden gute Chancen eingeräumt, doch mit einem möglichen Wahlsieg kommt erst die eigentliche Aufgabe: Das Regieren und insbesondere das Wahrmachen der eindrucksvollen Versprechen. Insbesondere mit dem Druck von oben und den lauten Stimmen der Opposition wäre die Aufgabe, die Mamdani erwartet, eine beachtliche. Sein Scharfsinn und die Schlagfertigkeit, die er in den vergangenen Jahren bewies, machen Hoffnung, dass er sie dennoch meistern kann, genau wie die breite Unterstützung aus der New Yorker Bevölkerung.
Wichtig wird sein, dass Mamdani auch in Zukunft die vielen Organisationen und Unterstützer:innen an seiner Seite behält. Denn Regieren sollte keine einsame Aufgabe sein – seine Stärke lag von Anfang an im kollektiven Handeln. Wenn es ihm gelingt, diese Bewegung lebendig zu halten, kann politische Veränderung nicht nur von oben, sondern auch aus der Gesellschaft selbst getragen werden.Im besten Fall folgt Mamdani dem Vorbild von Bernie Sanders, der seit Jahren eine konsequente und stabile linke Kommunalpolitik in Vermont verkörpert.Eines aber hat dieser erste Wahlsieg schon jetzt gezeigt: Der bunte, freiheitsliebende und tatkräftige Geist der Amerikaner:innen lebt. Wer ein Gruppenbild der Mamdani-Anhänger:innen sieht, spürt, dass hier mehr als nur eine Wahlbewegung entstanden ist – nämlich die greifbare Hoffnung auf eine andere Politik.
Alle Bilder und Beitragsbild: Kara McCurdy // Zohran Mamdani Media Kit