An der Hellweg-Realschule in Unna gehen die Schüler:innen gerne auf die Toilette. Bei einem Kreativwettbewerb durften sie die Schulklos selbst gestalten.
In schöneren Schulklos, die sauber und in einem guten Zustand sind, müssen Schüler:innen den Gang zur Toilette nicht mehr vermeiden. Die Hellweg-Realschule in Unna ist eine von immer mehr Schulen in Deutschland, die den Schüler:innen die Möglichkeit gegeben hat, „ihre” Toiletten umzugestalten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Bunte Wände, Sticker, Musik und sogar Disco-Lichter machen die Schulklos zu einem Ort, den man gerne für die privaten Geschäfte nutzt.
Ein kreativer Ansatz für bessere Hygiene
Einladende Schultoiletten sind nicht nur eine Frage der Ästhetik – es geht auch um Hygiene, Gesundheit und Selbstwirksamkeit. Eine Umfrage der German Toilet Organization (GTO) zeigt, dass viele Schüler:innen Schultoiletten meiden, weil sie dreckig sind, stinken oder es an Privatsphäre mangelt. Dies könne zu gesundheitlichen Problemen wie Bauchschmerzen und Harnwegsinfektionen führen, erklärt Svenja Ksoll, Projektkoordinatorin der GTO gegenüber der Tagesschau.
Darum hat die Organisation den Wettbewerb „Toiletten machen Schule“ ins Leben gerufen. Die besten Konzepte zur Verbesserung der Schultoiletten prämiert die GTO mit insgesamt 50.000 Euro. Schulen, die ihre Toilettenanlagen bereits erneuert und modern gestaltet haben, berichten von einer deutlichen Verbesserung der Bedingungen auf den Toiletten, weniger Vandalismus und wahrscheinlich am Wichtigsten: Die Klos werden dafür benutzt, wofür sie eigentlich auch gedacht sind.
Vorreiter in Sachen Schulklo-Paradies: Realschule Wolbeck
An der Realschule Wolbeck in Münster entstand bereits im Jahr 2010 die Idee, die Schultoiletten zu einem angenehmeren Ort zu machen. Schon damals zeigte sich, dass die Schüler:innen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Damit tritt die Schule seit vielen Jahren als Vorbild auf und berät auch andere Schulen, wie sie die Umgestaltung der Klos in Angriff nehmen können.
Schultoiletten sind der einzige Ort, der nur von den Schüler:innen genutzt wird und in der Regel auch die ersten öffentlichen Räumlichkeiten, an denen Jugendliche unüberwacht sind. In dieser Besonderheit sieht Thilo Panzerbieter, Geschäftsführer der GTO einen „pädagogischen Wert für das Zusammenleben insgesamt”.
Dass aus dieser Verantwortung etwas Schönes entstehen kann, lässt sich auch an der Realschule Wolbeck erkennen. 2010 stimmten alle Schüler einstimmig dafür, Dienste zur Sauberhaltung der Schulklos zu übernehmen, wenn diese neu gestaltet werden. Markus Weweler, stellvertretender Rektor der Schule, sieht das Toilettenprojekt auch als Form der Demokratiebildung:
„Das Vertrauen in die Verantwortungsbereitschaft der jungen Menschen ist eine Gelingensbedingung für das Projekt und gleichzeitig eine Haltung der Erwachsenen, die Kinder und Jugendliche mitmachen lässt und so die Demokratie jetzt und auch für die Zukunft stärkt”.
Daraus ergebe sich auch, dass die Schüler:innen sich neben den Klo-Diensten auch in weiteren Projekten engagieren und insgesamt mit mehr Selbstbewusstsein Probleme angehen.
Schülerengagement als Schlüssel zum Erfolg
Die aktive Einbindung der Schüler:innen ist auch ein zentraler Bestandteil von „Toiletten machen Schule”. An der Hellweg-Realschule durften die Jugendlichen aktiv an der Gestaltung teilhaben, die Klos sehen jetzt also so aus, wie sie die Schüler:innen designt haben. Aber damit war die Arbeit nicht getan. Auch für die Pflege der Toilettenanlagen sind die Schüler:innen weiter mitverantwortlich.
Neben gestärktem Verantwortungsbewusstsein und mehr Gemeinschaftsgefühl beobachtet Martin Borchers auch hier, dass die Schüler:innen sich mehr zutrauen. Er ist Lehrer an der Realschule in Unna und erklärt gegenüber der Tagesschau die positiven Effekte dieser Einbindung: „Wir haben die Schüler mit reingenommen in die ganze Planung, in die ganze Organisation. Und dadurch fühlen sie sich für diese ganze Sache extrem verantwortlich und gehen ganz anders damit um.”
Am Wettbewerb „Toiletten machen Schule” haben insgesamt 135 Schulen aus 14 Bundesländern teilgenommen, ungefähr 60 Prozent mehr als noch 2019. Verständlich, denn der Bedarf ist groß. Bei einer Umfrage der GTO an 17 weiterführenden Schulen in Berlin haben fast tausend Schüler:innen den Zustand der Toilettenanlagen an ihrer Schule bewertet. Mit einer Durchschnittsnote von 4,4 ist da definitiv noch Luft nach oben.
Bei der Umgestaltung der Klos geht es nicht nur um Optik und Wohlfühlatmosphäre. Es wurden auch ganz praktische Änderungen umgesetzt, wie beispielsweise kostenlose Menstruationsprodukte in den Mädchenklos. Um auf die Wichtigkeit solcher Maßnahmen und den aktuellen Zustand der Schulklos aufmerksam zu machen, lud die GTO in diesem Jahr zum ersten “Schultoilettengipfel”. Dort wurde deutlich: An vielen Schulen muss dringend etwas getan werden, sodass sich bald alle Schüler:innen auf ihren Schulklos wohlfühlen.
Hier kannst du nachlesen, wie GoBanyo Obdachlosen und Menschen in Notlagen grundlegende Hygiene ermöglicht.