Im Jahr 2017 startete das fünfjährige Pilotprojekt zur Wiederansiedlung der Prärie-Bisons in Kanadas ältestem Nationalpark. Mit Erfolg: Das erste Mal seit über einem Jahrhundert streifen etwa 80 Bisons durch die Landschaft des Banff-Nationalparks. Doch das Projekt hat nicht nur Auswirkungen auf die Bisons, die ihren ursprünglichen Lebensraum zurückgewinnen. Auch für die indigene Bevölkerung und das Ökosystem ist die Rückkehr der Bisons von großer Bedeutung.
Eine kurze Geschichte der wilden Bisons
Mit einer Schulterhöhe von bis zu 1,90 Metern und einem Gewicht bis zu 1.000 Kilogramm stellen Bisons die größten Landsäugetiere Nordamerikas dar. Zwei Unterarten sind in den nordamerikanischen Landschaften heimisch: Prärie-Bisons, die sich von Gräsern und Kräutern der Steppe (Prärie) ernähren und Wald-Bisons, auf deren Speiseplan auch die Blätter und Rinde von Bäumen sowie Sträucher stehen. Vor der europäischen Kolonisierung durchstreiften Millionen der riesigen Tiere viele Teile des Kontinents. Bis sie in den späten 1800er Jahren aufgrund übermäßiger Bejagung nahezu ausgerottet wurden. Nur etwa 1.000 Bison überlebten.
Folgen für das Ökosystem und die indigene Bevölkerung
So auch in dem Gebiet des heutigen Banff-Nationalparks. Tausende Jahre lang zogen wilde Bisons durch die Landschaft, bis sie vor etwa 140 Jahren vollständig aus dem Gebiet verschwanden. Mit weitreichenden Folgen für das Ökosystem und die Menschen, die von ihnen abhängig waren.
Denn die Weidetiere prägen und verändern als „Ökosystem-Ingenieure“ die Landschaft, was für viele Pflanzen und Tiere von Nutzen ist. Ihr Weideverhalten schafft einen Lebensraum für andere Weidetiere wie Elche, ihr Fell sorgt in Vogelnestern für Wärme und sie sind eine reichhaltige Nahrungsquelle für Raubtiere wie Bären und Wölfe.
Für die indigene Bevölkerung stellen Bisons einen wichtigen Bestandteil ihres Lebens dar. Wie auch die Bisons zogen indigene Völker seit Tausenden von Jahren durch das Gebiet des heutigen Nationalparks. Bisons dienten ihnen dabei als Nahrungsquelle, das Leder wurde für Kleidung benötigt, die Knochen und Sehnen für Werkzeuge und die Haut für Tipi-Wände. Neben der Jagd sorgten indigene Völker durch das kontrollierte Abbrennen von Wäldern und Wiesen auch dafür, dass die Qualität des Lebensraums für Bisons und andere Tiere verbessert wurde.
Auch heute besteht eine tiefe Verbindung zwischen der Kultur der indigenen Völker und der Bisons. Indigene Gemeinschaften sind darum in das Projekt eingebunden und ein wichtiger Teil des Projekts besteht darin, den Kontakt der indigenen Bevölkerung zu den Bisons wiederherzustellen. So wurden vor der Rückkehr der Bisons in den Banff-Nationalpark auch Segnungszeremonien durchgeführt.
Das Projekt zur Wiedereinführung der Prärie-Bisons im Banff-Nationalpark
Die Wiedereinführung der Bisons im Banff-Nationalpark durch Parks Canada erfolgte in zwei Phasen. Anfang des Jahres 2017 wurden 16 gesunde Bisons aus dem Elk Island National Park auf eine abgelegene, eingezäunte Weide in einer Wiederansiedlungszone des Banff-Nationalparks umgesiedelt. Dort verbrachten sie zwei Abkalbe-Saisons, um sich an ihr neues Zuhause zu gewöhnen. Dabei wurden sie sorgsam überprüft und gepflegt.
Die zweite Phase begann im Sommer 2018. Die Herde wurde freigelassen, um das gesamte 1.200 Quadratkilometer große Wiederansiedlungsgebiet zu erkunden. Gebirgskämme und wildtierfreundliche Zäunen halten die Bisons davon ab, das Gebiet zu verlassen. Die Herde und ihr Einfluss auf die Landschaft wurden dabei beobachtet, um am Ende des fünfjährigen Projekts entscheiden zu können, ob eine längerfristige Wiederansiedlung von Bisons in dem Gebiet möglich ist.
Ein voller Erfolg: Etwa 80 Bisons leben im Nationalpark
Die Ergebnisse wurden in einem Bericht über das Pilotprojekt zusammengefasst und veröffentlicht. Die indigene Bevölkerung, Interessengruppen und die Öffentlichkeit hatten anschließend bis Dezember 2022 die Möglichkeit, Rückmeldung zu dem Projekt und den gesammelten Informationen zu geben.
Die Ergebnisse machen deutlich: Die Wiederansiedlung der Bisons war erfolgreich und die im Voraus gesetzten Ziele des Projekts wurden erreicht. Die Prärie-Bisons sind gesund und haben sich an ihren neuen Lebensraum gewöhnt. Negative Auswirkungen auf die anderen im Nationalpark lebenden Tierarten oder eine Gefahr für die Menschen in der Umgebung wurden nicht beobachtet.
Durch die Einbeziehung der indigenen Bevölkerung und Interessengruppen konnten neue Beziehungen hergestellt und bestehende gestärkt werden. Verschiedene Bildungsprogramme sorgen zudem für ein besseres Verständnis für die Tiere und ihre ökologische und kulturelle Bedeutung.
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