Obst und Gemüse im Supermarkt unverpackt zu verkaufen, wird immer mehr zum Trend und ist in Frankreich nun sogar gesetzlich vorgeschrieben.
Der Anblick von in Plastik verpackten Lebensmitteln im Supermarkt ist für die meisten Kund:innen Normalität. „Nackte“ Waren kennen viele Menschen nur noch von (Wochen-)märkten oder aus Unverpacktläden. Die Plastikverpackungen sollen die Lebensmittel schützen, länger haltbar machen und kennzeichnen. Doch dadurch werden in der Lebensmittelindustrie jährlich etliche Tonnen an Plastikmüll verursacht. Allein im Jahr 2018 wurden in der EU mehr als 1,13 Billionen Verpackungen für Essen und Getränke verwendet. Dabei war Plastik das wichtigste Verpackungsmaterial.
Tomaten in Plastikverpackungen im Supermarkt. Foto: auntmasako / Pixabay
Angebot und Gesetze sorgen für Veränderungen
Um die Menge des Plastikmülls zu reduzieren, müssen Veränderungen in Richtung nachhaltigeren Konsums nicht nur von den Konsument:innen, sondern auch von den Anbieter:innen, Produzent:innen und Lieferant:innen bewirkt werden. In Frankreich wird die Veränderung sogar vom Staat herbeigeführt. Seit dem 01. Januar 2022 sind dort Plastikverpackungen für Obst- und Gemüse mit einem Gewicht von weniger als 1,5 Kilogramm gesetzlich verboten. In Spanien ist der Verkauf von Obst und Gemüse, das in Plastik verpackt ist, ab 2023 in Supermärkten und Lebensmittelgeschäften verboten.
Der Vorreiter New World
Die Filiale der neuseeländischen Supermarktkette New World in Bishopdale in Christchurch startete das Projekt „Food in the Nude“, um gegen die Plastikflut anzugehen. Im Januar 2017 ließ der Leiter der Filiale, Nigel Bond, ein neues Kühlregal-System für frische Produkte installieren, sodass Obst und Gemüse ohne Plastikverpackungen ausgestellt werden konnten. Dieses System benebelt die Ware mit Wasser. Damit das Wasser rein bleibt, wird es mit einem Umkehrosmosesystem behandelt, das 99 Prozent aller Bakterien und Chlor aus dem Wasser entfernt.
„Wir wollten unbedingt in eine Zeit zurückversetzt werden, als man die frischen Zitrusfrüchte und Frühlingszwiebeln riechen konnte, wenn man einen Markt betrat – und genau das ermöglicht uns dieses neue Programm.“
Nigel Bond, Inhaber der New World Filiale in Bishopdale, Neuseeland
Die Filiale ging noch weiter und führte wiederverwendbare Einkaufstaschen ein. Diese Veränderungen in der Frischeabteilung riefen laut Nigel Bond unerwartet positive Resonanzen bei den Kund:innen hervor und sorgten dafür, dass die Abfallmenge aus der Obst- und Gemüseabteilung wöchentlich reduziert werden konnte. Bond stellte außerdem fest, dass der Verkauf einiger Gemüsesorten, wie zum Beispiel der Frühlingszwiebel, nach der Umstellung auf „nackt“ um bis zu 300 Prozent anstieg. Die Kund:innen verfielen wohl in Nostalgie und erinnerten sich an den Einkauf beim Gemüsehändler. Andere schätzten laut Bond die Umweltvorteile.
Das Projekt schlägt Wellen
Acht von neun New World-Filialen auf der Südinsel Neuseelands folgten nach dem Erfolg von Bishopdale dem Positivbeispiel und verkauften ihr Obst und Gemüse „nackt“. Außerdem wurde in Supermärkten in ganz Neuseeland nach weiteren Möglichkeiten gesucht, um Plastikmüll zu minimieren. Weitere Initiativen wie „bring your own containers“, bei denen man seine eigenen Dosen für Produkte aus der Frischetheke mitbringen konnte, entstanden. Foodstuffs, dem New World angehört, hat inzwischen die New Zealand Plastic Packaging Declaration unterzeichnet und sich damit verpflichtet, alle Laden- und Eigenmarken-Verpackungen bis 2025 zu 100 Prozent wiederverwendbar, recycelbar oder kompostierbar zu machen.
„Eine solche Änderung bedeutet, dass wir das gesamte System betrachten müssen. Wir arbeiten eng mit unseren Lieferanten zusammen, um zu prüfen, wie wir Verpackungen in der gesamten Lieferkette und in anderen Bereichen als der Produktion reduzieren können. Die Auswirkungen auf unsere Filialen, unsere Kund:innen und die Umwelt werden wirklich positiv sein, wenn wir uns alle mit einer neuen Art des Arbeitens und Einkaufens auseinandersetzen.“
Foodstuffs South Island’s General Manager Retail, Tim Donaldson
Das Projekt von New World zeigt, dass es nicht nur auf Wochenmärkten oder in häufig höherpreisigen Unverpacktläden möglich ist, Produkte unverpackt zu verkaufen.
Seit dem Erfolg der neuseeländischen Supermärkte sind auch Geschäfte in anderen Ländern dem Trend gefolgt. Die Supermarktkette Aldi zum Beispiel bietet in Belgien und Luxemburg seit März 2020 zusätzliche Obst- und Gemüsesorten unverpackt an und möchte damit zu Einsparungen von einigen Tonnen Plastik pro Jahr beitragen. Die Kund:innen können die Produkte in gratis Papiertüten transportieren.
Der Thornto’s Budgens Store im Norden Londons errichtete 2018 innerhalb von zehn Tagen plastikfreie Zonen, in denen 1.700 Produkte ohne Plastikverpackung verkauft werden. Stattdessen werden Produkte wie Obst und Gemüse, Brot und Käse in Netzen, Papier oder Glas verpackt. Er ist damit, nach Ekoplaza in den Niederlanden, der zweite Supermarkt weltweit, der plastikfreie Zonen eingeführt hat. Einige der größten Lebensmittelhändler in der UK planen außerdem, zum Ende des Jahres 2022 Nachfüllstationen für Lebensmittel, Haushaltswaren und Drogerieprodukte anzubieten. Die Kund:innen sollen so die Möglichkeit bekommen, diese Waren vor Ort unverpackt zu kaufen oder sich diese nach Hause liefern zu lassen.
Beitragsbild: Chantal Garnier / unsplash