berichtet Lucia lächelnd. Sie selbst entwickelte nach und nach, „Vertrauen in das Leben, auch in mich und darin, dass es vom Verstand her gar nicht der ‘richtige Zeitpunkt’ sein muss“. Mit dem Vertrauen kam auch die Vorfreude: „Desto mehr das eingesickert ist, stellte sich dann ganz viel Bewunderung ein, und auch Dankbarkeit, dass es für mich überhaupt möglich ist, schwanger zu werden und dann auch ganz viel Freude.“ So war es auch in Ordnung, die Antworten auf viele Fragen noch nicht zu kennen, zum Beispiel, ob das Kind in Kenia oder in Deutschland zur Welt kommen soll. Bestimmte Sachen offenzulassen sei auch eine schöne Entscheidung gewesen, beispielsweise was das Geschlecht oder den Namen des Kindes anging. „Das ist auch stark von der Kultur meines Mannes geprägt“, erklärt Lucia. „Da ist die Philosophie: Das Kind bringt alles mit. Es bringt mit, wer es ist und auch, welchen Namen es trägt“. In den Körper vertrauen Dennoch gab es natürlich einiges an Vorbereitung, wie die Untersuchungen bei der Frauenärztin. Auch das Wissen aus den klassischen Geburtsvorbereitungskur- sen sei interessant, meint Lucia. Es sei aber viel für den Verstand: „was passiert wann, wie viele Minuten, in wie vielen Abständen, und so weiter“. Körperliche und emotionale Sicherheit gab ihr ein Hy- pnobirthing-Kurs, den sie online belegte. Dabei geht es, anders als der Name suggeriert, nicht um Hypnose, oder zumindest nicht um das, was wir uns unter Hyp- nose meist vorstellen. Vielmehr stehen beim Hypno- birthing Strategien im Zentrum, die der Gebärenden die Angst nehmen und die Geburt weniger schmerz- haft machen soll. Dazu zählen vor allem Atem- und Entspannungstechniken. Wie Lucia sagt: „Geburt hat eigentlich am meisten mit Entspannung zu tun. Alles andere macht der Körper von allein“. Liebeshormone statt Adrenalin Denn alles, was wir brauchen, so Lucia, ist eigentlich: Liebe. Genauer gesagt das sogenannte „Liebeshor- mon“ Oxytocin, das der Körper beim Geburtsprozess ausschüttet, um die Kontraktionen auszulösen. Zu viel Adrenalin hingegen ist äußerst kontraproduktiv. Denn das Stresshormon wirkt wehenhemmend und er- schwert und verlängert den Geburtsprozess. Genau darum ist es so wichtig, dass Frauen während der Geburt ein Mitbestimmungsrecht haben. Dass sie sich fragen können: „was tut mir gerade gut?“ und das einfordern können – sei es eine Massage, warmes Wasser, oder einfach mal allein gelassen zu werden. Das Wissen, eben nicht hilflos zu sein, sondern Ein- fluss auf den Geburtsprozess nehmen zu können, ist entscheidend, um Müttern vor und während der Ge- burt die Angst zu nehmen, erklärt Lucia: „Das war wie ein Empowerment. Weil ich dadurch nicht das Gefühl hatte, ich kann nichts dazutun, dass es eine sanfte, na- türliche Geburt wird. Sondern ich konnte eine ganze Menge dafür tun, dadurch, dass ich meine Rechte kenne, weiß, was ich mir wünsche, was mir guttut, was ja ganz intime und persönliche Fragen sind.“ „Du hast die Wahl, und das ist super wichtig zu wissen“ Zum Glück ist eine solche Mitbestimmung immer mehr möglich. „Man kann immer seinen Geburtsplan vorher besprechen und das würde ich auch jeder Frau empfehlen". Natürlich können sich während der Ge- burt Änderungen zum Plan ergeben, schließlich ist klar: Das Leben von Mutter und Kind muss oberste Priorität haben. Letztendlich ist aber auch „in vielen Krankenhäusern immer mehr die Einsicht da, dass die Mutter selbst- bestimmt und entspannt sein sollte bei der Geburt“, so Lucia. Denn Geburtstraumata dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Hierfür ist es entscheidend, dass die Mutter entscheiden darf, wie und wo sie angefasst werden möchte oder welche Position sich für sie gut anfühlt. Auch „nein“ sagen zu können gehört dazu, beispiels- weise zu Schmerzmitteln oder zu bestimmten Unter- suchungen, wenn diese gerade nicht medizinisch not- wendig sind. „Ich habe auch sehr oft nein gesagt“, er- innert sich Lucia „und dass ich in der Lage war, nein zu sagen, zeigt eben auch, dass ich eine starke Person in dem Moment sein konnte. Du hast oft die Wahl und das ist super wichtig zu wissen“. Mehr noch als im Krankenhaus gibt es im eigenen Zu- hause oder in Geburtshäusern die Möglichkeit, die eigenen Wünsche einzubringen. Geburtshäuser wer- den zunehmend nachgefragt, ebenso wie die wach- sende Nachfrage nach Doulas (Schwangerschafts- und Geburtsbegleiter:innen) zeigt dies, dass in der Gesell- schaft der Wunsch nach einer anderen Geburtserfah- rung steigt. Einer Erfahrung nämlich, „wo wir die Ge- burt nicht nur rein medizinisch betrachten, sondern als wunderschönes, empowerndes Erlebnis“. Good News Magazin 87