Büchern, die das Leben vor Ort darstellen – und auch lokal produziert werden: „Wir haben einen Bedarf an Büchern „made in Venezuela“ und nicht aus Spanien importierten Büchern festgestellt“, erklärt sie. Das war der Ausgangspunkt für die Entstehung einer Industrie für Verleger:innen und Autor:innen: „Zuerst kamen die Bücher, dann die Nachfrage von Bibliothe ken, Schulen und Buchhandlungen, und so entstand eine Produktionskette, um dieser Nachfrage gerecht zu werden. Dann folgte die Professionalisierung der Branche, der Illustration, und eine lokale Verlagsindus trie war geboren“, erklärt sie. In Kenia ist genau das auch Ziel des jungen Verlags Mvua Press: Eine Institution und ein Netzwerk zu schaffen, das lokalen Autoren und Autorinnen zu Sichtbarkeit verhilft. Denn bislang gibt es kaum Ver lage in Kenia, die Romane veröffentlichen. Die meisten Verlage konzentrieren sich auf Bildungsmaterialien, Schulbücher und akademische Texte – denn dort liegt das Geld, erklärt mir Isaac Mwangi, leitender Redak teur bei Mvua Press: „Eltern haben keine andere Wahl, als die Bücher zu kaufen, die für Prüfungen ihrer Kin der genutzt werden. Darum haben sich die meisten Verlage auf diesen Markt gestürzt, wodurch eine Lücke in Bereichen wie Belletristik, Sachbücher, Memoiren, Autobiographien, also allgemein in der Literatur, ent standen ist.“ Mvua Press will diese Lücke schließen. Für die vielen jungen, aufstrebenden Schriftsteller:in nen, die sich bislang selbst verlegen mussten, aber auch für die Lesenden, die bislang wenig Zugang zu NichtFachliteratur hatten. Die Nachfrage ist spürbar, betont Isaac Mwangi, gerade auch in der jüngeren Be völkerung. „Der Großteil der Menschen, die unsere Werke kaufen und zu unseren Veranstaltungen kom men, sind in ihren 20ern oder 30ern, immer öfter auch Familien mit Kindern“, erzählt er. „Wir wollen die ganze Gesellschaft dazu bringen, Literatur genießen zu können“ Eine Herausforderung bleibt dabei allerdings der Kos tenfaktor. Denn Bücher sind teuer. Die meisten Titel haben beinah europäische Preise, in einem Land, in dem das Durchschnittseinkommen deutlich unter dem der EU-Länder liegt. Um Bücher wirklich der breiten kenianischen Bevölkerung zugänglich zu machen, setzt Mvua Press darum alles daran, die von ihnen veröffent lichten Bücher bezahlbar zu machen. Das geht vor allem über lokale Produktion: lokale Druckereien, inhouse Designer:innen und Großbestellungen tragen dazu bei, die Kosten deutlich zu senken, meist um die Hälfte oder mehr im Vergleich zu importierten Büchern. Es ist noch nicht genug für alle Kenianer:innen, gibt Mwangi zu, doch es ist ein erheblicher Schritt. Bislang ist es nach wie vor schwierig für viele afrika nische Autor:innen veröffentlicht zu werden. Wenn, dann gelingt es ihnen meist über europäische Verlage, die den Markt noch immer dominieren. International wächst das Interesse an afrikanischer Literatur zu nehmend, nicht erst seit dem tansanischen Autor Ab dulrazak Gurnah 2021, als erstem afrikanischen Au tor, der Nobelpreis für Literatur verliehen wurde. Doch für Leser:innen aus den Ländern, aus denen die Autor:innen selbst stammen, ist es oft kaum möglich, Zugang zu den Büchern zu bekommen, die ihre Le benswelten beschreiben. Durch das Entstehen immer mehr kleiner lokaler Ver lage wie Mvua Press ändert sich das. In Nigeria sind in den letzten 20 Jahren gleich mehrere unabhängige Verlage marktführend geworden, auch im Senegal, in Südafrika oder in Tansania gibt es unabhängige Ver lags und Literaturszenen. So rückt das Ziel in greif bare Nähe: Dass ein Buch afrikanischer Schriftstel ler:innen zuerst in Afrika ein Bestseller wird, bevor es zum globalen Verkaufsschlager wird. Denn, das unter streicht auch Mwangi: „Das Talent hier ist enorm!“ FAZIT: Fünf Punkte und ein (gefühltes) halbes Buch später habe ich immer noch keine wirkliche Antwort darauf, wie Bücher, Leseverhalten, Verlagslandschaften und so weiter sich in Zu- kunft entwickeln werden. Aber eines weiß ich: Das Buch ist vor vielen tausend Jahren ent- standen, um zu bleiben. In welcher Form? Wer weiß. Aber so leicht werden sie nicht ver- schwinden. Immerhin sind Bücher, wie der Au- tor James Daniel einmal gesagt haben soll, flie- gende Teppiche ins Reich der Fantasie. So, und ich gehe jetzt endlich wieder mein Buch lesen – mit einer schönen Tasse warmem (!) Tee. P.S.: Falls ihr jetzt Lust aufs Lesen habt, aber noch einen Buchtipp braucht, könnt ihr auch die Lieblingstitel unserer Redaktion checken. Sonst bleibt natürlich immer noch TikTok – oder der lokale Buchladen. Hauptsache: Lesen. Good News Magazin 65