Jede Stimme zählt

das ist ein GNM+ ArtikelMinna Massoumi über die Kraft des Aktivismus

von | 26. Februar, 2023

Für die Afghanin Minna Massoumi ist Aktivismus der beste Weg, den Menschen in ihrem Heimatland zu helfen.

Für Minna Massoumi ist Aktivismus seit über 10 Jahren ein fester Bestandteil ihres Lebens. Die zweifache Mutter fühlt sich dazu berufen, Menschen in Not zu helfen. Dabei setzt sie sich besonders für Frauen und Mädchen in ihrem Heimatland Afghanistan ein. Aktivismus bedeutet für sie vor allem, jenen eine Stimme zu geben, die ansonsten nicht gehört werden.

Minna Massoumi hat im Jahr 2012 einen eigenen Verein gegründet und sich seitdem in mehreren Organisationen aktiv eingebracht. Die aktivistische Arbeit gibt ihr Kraft und Hoffnung. Im Gespräch ermuntert sie dazu, zu den eigenen Werten zu stehen und sich Gleichgesinnte zu suchen, mit denen der Kampf für die gemeinsamen Ziele leichter wird.

Der Weg in den Aktivismus

Durch einige einschneidende Erlebnisse mit ihrem afghanischen Ex-Mann hegte Minna bereits früh den Wunsch, ihre Erfahrungen an andere Menschen mit ähnlichen Lebenswegen weiterzugeben. Deshalb hörte sie sich 2012 in ihrem Umfeld nach Menschen um, denen es ähnlich wie ihr ergangen war, und gründete den Verein Roshani e.V. Dieser setzte sich über die nachfolgenden sechs Jahre für afghanische Menschen ein. In dieser Zeit organisierte Minna mit ihrem Team zwei große Demonstrationen – für Frauenrechte und zur Vermeidung von Abschiebungen von Afghan:innen zurück in das umkämpfte Land. 

Zusätzlich bot der Verein Deutsch- sowie Afghanisch-Kurse. Auch afghanische Feiertage wurden im Rahmen des Vereines gefeiert. Damit schaffte der Verein für die Menschen ein Gefühl von Nähe trotz der Distanz zu ihrer Heimat. Im Gespräch beschreibt die Aktivistin, dass Deutschland zwar auch zu ihrer Heimat geworden ist, aber sie ihre Wurzeln nicht vergessen möchte. Viele Menschen haben das Land aufgrund der politischen Situation verlassen, und die Gemeinschaft in einem Verein gibt ihnen das Gefühl von Zugehörigkeit.

Massoumi verließ Deutschland im Jahr 2018 für drei Jahre und nahm sich in dieser Zeit eine Auszeit vom Aktivismus. Doch als sie 2021 wiederkam, wollte sie sich gerne wieder in einer Gemeinschaft einbringen. Mittlerweile unterstützt sie zwei Organisationen: Global Movement for Peace in Afghanistan und die Initiative Build Up, in der sie Vorstandsmitglied ist. Build Up leistet humanitäre Arbeit für Menschen in Not in Afghanistan.

Global Movement for Peace in Afghanistan

Das Global Movement for Peace in Afghanistan ist eine gemeinnützige Organisation, die im Jahr 2020 von dem afghanischen Aktivisten Nesam Halim gegründet wurde und aus einer Bewegung junger Menschen heraus entstand. Schon damals war die Bewegung über mehrere Städte verteilt. Mittlerweile ist sie in 27 Ländern vertreten, in denen Anhänger:innen lokal Veranstaltungen und Kampagnen organisieren. Das Ziel der Organisation ist es, den Frieden in Afghanistan wiederherzustellen.

Die Organisation setzt sich insbesondere für die Rechte von Mädchen und Frauen ein. Dabei werden Afghan:innen jeglicher religiöser und ethnischer Herkunft in die Arbeit eingeschlossen. Neben Kampagnen und Aktivismus auf den sozialen Medien organisiert der Verein regelmäßig Demonstrationen. Zuletzt wurde Mitte Januar eine Großdemonstration über alle 27 Mitgliedsländer veranstaltet, die sich den Rechten der afghanischen Frauen und Mädchen widmete. Minna arbeitet in der Organisation mit einem Team aus den drei Aktivist:innen Malalai Martinschledde, Fahim Farooq und Zahar Kohandel an Kampagnen sowie als Sprecherin auf Veranstaltungen.

Minna Massoumi zeigt gemeinsam mit anderen Aktivist:innen auf einer Demonstration, wie Aktivismus aussieht
Minna Massoumi gemeinsam mit anderen Aktivist:innen auf einer Demonstration

Seit der Besetzung durch die Taliban 2021 dürfen Staatsbürgerinnen nach der sechsten Klasse nicht mehr die Schule besuchen und auch sonst keine Ausbildung wahrnehmen. Stattdessen geraten sie oft in Abhängigkeiten und werden zwangsverheiratet. Dennoch sind viele Frauen zu Beginn der Besetzung auf die Straßen gegangen und haben unter den Leitworten „Brot, Arbeit, Frieden“ für ihre Rechte gekämpft.

Aufgrund ihrer eigenen Vergangenheit betont Massoumi:

„Frauen werden unterschätzt, wurden immer unterschätzt. Dabei sind sie so unglaublich mutig!“

Um afghanische Frauen zu unterstützen, bieten Universitäten in Deutschland, aber auch in den USA und UK zur Zeit Stipendien an. So können Frauen eine Ausbildung, die sie im eigenen Land nicht mehr wahrnehmen können, anderswo fortführen.

„Brot, Arbeit, Frieden“ lautet der Ausruf der afghanischen Frauen als Antwort auf die Besetzung der Taliban

Durch Aktivismus Ungehörten eine Stimme verleihen

Genau hier setzt laut Massoumi ihre Arbeit als Aktivistin in Deutschland an. Denn würden diese Frauen nur in ihrem eigenen Land demonstrieren, so würden sie in der Welt nicht gehört werden. Durch Aktivist:innen auf der ganzen Welt bekommen Menschen in Not ein erweitertes Sprachrohr. 

Als Aktivistin besitzt Massoumi zudem die Möglichkeit, Menschen miteinander zu vernetzen. So haben sie und eine Gruppe von Aktivist:innen kurz nach der Besetzung durch die Taliban eine Liste mit gefährdeten Personen erstellt und sie an Reporter ohne Grenzen und die Kabuler Luftbrücke weitergegeben, die bei ihrer Ausreise unterstützen konnten. Auf diesem Weg wurden viele Menschenleben gerettet. Vor Kurzem hatte Minna für das Global Movement auch die Möglichkeit, bei den Jungsozialisten über die Situation von Frauen und Mädchen in Afghanistan zu sprechen.

Neben all den positiven Erlebnissen als Aktivistin spricht Massoumi auch über einige Schattenseiten. So haben sie und ihr Team auch schon Widerstand gespürt oder wurden teilweise bedroht. Doch Massoumi erklärt:

„Ich werde manchmal gefragt, ob ich Angst habe. Aber ich weiß, dass ich das Richtige tue. Man muss in diesen Situationen darüberstehen. Wenn man die Wahrheit sagt, wird man immer auch Hater haben.“

Trotz ihrer positiven Einstellung gesteht Minna, dass es nicht immer einfach ist. Manchmal merke sie, dass sie eine Pause brauche. Auszeiten seien wichtig, um sich wieder darauf zu besinnen, wie wichtig die eigene Arbeit ist und wie viel Einfluss die eigene Stimme hat.

Zum Abschluss des Gespräches gibt Minna noch einen Tipp an all jene Menschen, die sich gerne aktivistisch betätigen würden, aber sich mit ihren Sorgen und Ängsten alleine fühlen. Sie empfiehlt, sich nach Vereinen und Initiativen in der Umgebung umzuschauen, die mit den eigenen Werten konforme Ziele verfolgen. Dabei sei es wichtig, nicht direkt aufzugeben, wenn der erste Verein nicht passt, sondern direkt mehrere Alternativen anzuschauen. So kann man sicherstellen, dass die Organisation, der man sich anschließt, wirklich die eigenen Werte vertritt.

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Lara Schmalzried

Lara ist Online-Chefredakteurin des Good News Magazins. Lange hat sie von einer besseren Welt geträumt. Jetzt schreibt sie Artikel, die den Blick auf die Welt verändern.

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