Alternative für synthetische Konstruktionsbaustoffe

Innovatives Verfahren macht Holz robuster als Stahl

von | 9. Juni, 2022

Ein innovatives Behandlungsverfahren macht Holz zehnmal widerstandsfähiger – und damit noch universeller einsetzbar.

Geht es um nachhaltiges Bauen und langlebige Möbelstücke, ist der Rohstoff Holz wohl kaum wegzudenken. Doch Naturholz ist für einige Konstruktionen aufgrund mangelnder Festigkeit und Zähigkeit nicht geeignet. Ein neues Verfahren soll das nun ändern. Holz, stärker als Stahl, lautet das Versprechen von Prof. Orlando Rojas und seinem Team der University of British Columbia in Kanada. Gemeinsam mit anderen Forschenden hat er ein Verfahren entwickelt, das dem natürlichen Baustoff zusätzliche Robustheit verleiht und so noch universeller einsetzbar macht. 

Die Funktionsweise des “geheilten Holzes”

Bei der Herstellung dieses Super-Baustoffs werden das sogenannte Lignin, das als eine Art Leim die pflanzlichen Zellwände zusammenhält, sowie Zellulose-Nanofibrillen, weitere winzige Zellwand-Bestandteile, aus dem Holz gelöst. Verwendet wird dabei das Lösungsmittel Dimethylacetamid sowie Lithiumchlorid. Ähnliche Versuche hielten Forschende aus dem US-amerikanischen Maryland 2018 im Fachmagazin Nature fest. In einem Kochprozess nutzten diese allerdings Natriumhydroxid und Natriumsulfit, um die Bestandteile zu lösen.

Beide Forschendengruppen schafften es infolgedessen, durch Heißpressen das Holz zu verdichten. In diesem zweiten Schritt werden die Zellwände zerstört, gleichzeitig fügen sich die Zellulose-Nanofibrillen zusammen. Das Resultat bezeichnen die Forschenden als „geheiltes Holz”. Anders als der Ausgangsstoff ist es mehr als zehnmal fester, zäher und widerstandsfähiger als unbehandeltes Holz

Alternative für synthetische Konstruktionswerkstoffe

Da das Verfahren auf verschiedene Holzarten angewendet werden kann, steckt darin ein großes Potenzial, um synthetische Konstruktionswerkstoffe zu ersetzen. Das behandelte Holz ist nicht nur leichter, sondern auch leistungsstärker als die bisher verwendeten Baustoffe. So zeigten Tests etwa eine höhere Widerstandskraft als Edelstahl oder Titanlegierungen. 

Außerdem ist es sehr viel umweltfreundlicher als die bisher verwendeten Materialien. Auch aus diesem Grund will Prof. Rojas gemeinsam mit seinem Team dafür sorgen, dass nicht mehr länger mehrere Millionen von Tonnen des kostbaren Rohstoffs Holz Jahr für Jahr auf der Mülldeponie landen.

Stattdessen soll Kreislaufwirtschaft zur Selbstverständlichkeit werden. Denn nicht nur neue Holzstücke können die Behandlung durchlaufen. Auch alte Holzstücke können (wiederholt) behandelt und so vielfach verwendet werden. Damit entspricht das Projekt ganz Rojas Motivation, durch Untersuchungen zu erneuerbaren Ressourcen eine globale nachhaltige Entwicklung mitzugestalten. 

Holz wie Stahl in großem Stil?

Auch Steve Eichhorn von der britischen University of Bristol sieht in dem Ansatz großes Potenzial, betont jedoch zugleich die Relevanz einer realisierten Skalierbarkeit. Bisher ist noch unklar, wie hoch die Kosten der Methode auf industriellem Niveau sein würden. Allerdings stellt Rojas klar: „Die Prozesse, die wir hier anwenden, sind sehr typisch für die Holzverarbeitung. Die Skalierbarkeit ist also kein Problem.”
Dann könne dieses Super-Holz als Ersatz für Stahl beispielsweise in Autos, Flugzeugen oder Gebäuden eingesetzt werden.

Beitragsbild: Clem Onojeghuo/ Pexels

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Nina Kegel

Nina ist stellvertretende Chefredakteurin beim Good News Magazin und vor allem eins: Neugierig. Immer auf der Suche nach Good News beschäftigt sie sich am liebsten mit Themen rund um einen nachhaltigen Wandel – egal ob kreatives Bauprojekt, ökologische Initiative oder innovatives Unternehmenskonzept, sie lässt sich für vieles begeistern. Außerdem studiert sie im Master Medienkultur und Globalisierung.

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