Comeback von Weißstorch, Seehund und Geier

das ist ein GNM+ ArtikelErfolg beim Artenschutz für gefährdete Arten

von | 13. Januar, 2023

Populationen von Weißstorch, Seehund und Geier erholen sich dank jahrelangem Engagement von Artenschützer:innen.

Wenn von der Klimakrise die Rede ist, passiert dies häufig in Kombination mit der zunehmenden Biodiversitätskrise. Und das auch aus gutem Grund: Zurzeit sind allein in Deutschland 7.000 Arten stark gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht. Seit dem 17. Jahrhundert nimmt das Tempo, in dem Arten aussterben, rasant zu. Laut dem Living-Planet Index des WWF nehmen Wirbeltierpopulationen im Schnitt um 69 Prozent ab. Es sterben so viele Arten wie zuletzt zu Zeiten der Dinosaurier und in einer beängstigenden Geschwindigkeit. 

Jahrzehntelanger Artenschutz zeigt Wirkung

Forschende, Regierungen, gemeinnützige Organisationen sowie Tierliebhaber:innen setzen sich gezielt für den Schutz bedrohter Arten ein. Das ist oft ein Jahrzehnte andauernder Prozess. Doch das Engagement zeigt Wirkung. 

Bereits der Wildlife-Comeback-Report 2022 in Zusammenarbeit verschiedener Tierschutzorganisationen zeigte, wie vom Aussterben bedrohte Arten wie der Grauwolf oder Braunbär sich langsam wieder in ihren natürlichen Habitaten niederlassen. Neue Erkenntnisse ergeben nun, dass sich auch andere, für gesunde Ökosysteme wichtige Arten erholen und zurück in ihrer Heimat ansiedeln. 

Auch der kürzlich beschlossene Vertrag zum Schutz von 30 Prozent der Landmasse weltweit durch Naturschutzzonen des Biodiversitätsgipfels der Vereinten Nationen macht Hoffnung auf eine Erleichterung beim Artenschutz.

Wodurch sind Arten bedroht?

Die größten Bedrohungen für Arten sind laut Weltbiodiversitätsrat (IPBES) menschliche Eingriffe in die Natur und damit verbundene Ökosysteme sowie der Klimawandel. Bereits leichte Veränderungen eines Ökosystems können eine Kettenreaktion auslösen und direkt mehrere Arten aus dem ökologischen Gleichgewicht bringen.

Eine besonders große Gefahr für Arten ist die Landwirtschaft. Monokulturen und der Einsatz von Pestiziden bedrohen die Existenz vieler Arten. Aber auch eine einseitige Bepflanzung von Gärten oder zu häufiges Mähen des Rasens nehmen Tieren, die in Städten oder stadtnah siedeln, wichtige Lebensgrundlagen. Zudem beeinflussen Lärm und schmutzige Luft viele Arten. Besonders für Vögel schafft der Mensch viele Hindernisse wie Stromleitungen und -masten.

Der Einfluss des Klimawandels wird gleichzeitig immer größer. Besonders Arten, die sensibel auf Temperaturveränderungen und niedrigen Niederschlag reagieren, haben mit der Klimakrise zu kämpfen. Dazu kommt, dass Lebensgrundlagen oft durch Extremwetter-Ereignisse nicht mehr gesichert sind.

Aufgrund der steigenden Bedrohung vieler Arten setzen sich jedoch zahlreiche Artenschützer:innen für diese ein. Bis zum Erfolg von Artenschutzprojekten können teilweise Jahrzehnte vergehen. Doch mittlerweile erholen sich vermehrt bedrohte oder sogar in Regionen und Ländern ausgestorbene Arten. Hinzu kommt, dass sich die biologische Landwirtschaft immer mehr durchsetzt und bestimmte, für Tiere giftige, Stoffe verboten werden.

Populationen erholen sich zunehmend 

Zu den sich erholenden Arten gehören auch der Weißstorch, Seehund und der Geier:

Weißstorch

Die Rückkehr des Weißstorchs
Die Rückkehr des Weißstorchs | Bildquelle: Unsplash.com

Der auch als Klapperstorch bekannte Vogel verzeichnete 1988 nur noch circa 3.000 Brutpaare in Deutschland, heute sind es wieder 8.500. Auch auf internationaler Ebene erholt sich die Art und die Zahl der Brutpaare nimmt konstant zu. Entwarnung gibt es allerdings noch nicht. Durch die Eingriffe des Menschen mangelt es nach wie vor an Nahrungsangebot. Die Unterstützung durch Naturschützer:innen ist daher auch in Zukunft notwendig.

Seehund

Erfolg beim Artenschutz für die gefährdete Art Seehund
Die Rückkehr des Seehundes | Bildquelle: Unsplash.com

Als Folge eines Massensterbens durch Staupe-Epidemien zwischen 1988 und 2002 waren die Populationen des Seehundes auf 5.000 Tiere in Deutschland geschrumpft. Mittlerweile werden im Wattenmeer wieder um die 24.000 Tiere gezählt. Der Mensch greift jedoch weiterhin stark in das Leben der Seehunde ein. Wasserverschmutzung, Krankheit und ein vermutlicher Mangel an Nahrungsangebot aufgrund von Überfischung sind Ursachen der Artenbedrohung.

Geier

Erfolg beim Artenschutz für die gefährdete Art Geier
Die Rückkehr des Geiers | Bildquelle: Unsplash.com

Der Geier wird von der Wissenschaft häufig als „evolutionäres Wunder“ bezeichnet. Geier ernähren sich von den Kadavern toter Tiere. Mithilfe der Magensäure tötet der Geier sämtliche Keime ab, die beim Verwesungsprozess entstehen. Damit schützt das Tier nicht nur andere Tiere vor den Keimen und damit vor sogenannten Zoonosen, Krankheiten aus der Tierwelt, sondern auch den Menschen. Der Geier galt jedoch in weiten Teilen Europas bis zuletzt als ausgestorben. 

Gründe dafür gibt es viele: Seit der letzten Eiszeit sind immer mehr große Arten ausgestorben oder haben sich zumindest dezimiert. Deshalb hat sich der Geier auf totes Weidevieh spezialisiert. Doch die europäischen Hygienevorschriften in der Viehwirtschaft erlauben das Liegenlassen von Kadavern seit 2002 nicht mehr. Hinzu kommt, dass Weidevieh zu einer Rarität geworden ist. Die umweltfreundliche Art der Viehhaltung ist für viele Bäuer:innen nicht mehr finanzierbar und bedeutet oft eine deutlich höhere Arbeitsleistung für die Viehwirt:innen.

Wissenschaftler:innen haben jedoch für ein Umdenken gesorgt: Denn die Gesundheit von Vieh und Menschen kann durch eine gesunde Geierpopulation geschützt werden. Zudem wird auch nachgeforscht, ob Geier aktiv zum Klimaschutz beitragen, da durch sie Emissionen, die beim Verwesen oder Verbrennen entstehen, reduziert werden.

Seit Kurzem zeigen sich erste Erfolge von Naturschützer:innen. Die in Gebirgsregionen siedelnden Bartgeier, Mönchsgeier, Gänsegeier und Schmutzgeier haben sich so weit erholt, dass sich die Arten wieder in verschiedenen Teilen Europas antreffen lassen. 35.000 Gänsegeierpaare leben – Stand heute – wieder in Europa. 

Der Bartgeier ist seit den neunziger Jahren zurück in den Alpen, nachdem er fast 100 Jahre als ausgestorben gegolten hatte. Laut der Weltnaturschutzunion (IUCN) gibt es momentan 1.675 bis 6.700 ausgewachsene Vögel. 

Der Mönchsgeier weist einen Bestand von 16.800 bis 22.800 Tieren auf. Das ist dem Artenschutz in Spanien zu verdanken. Dort investierte man bereits früh in das Überleben der Art und sieht jetzt die Erfolge. 

Der Schmutzgeier war einst über mehrere Kontinente verbreitet. Giftige Medikamentenrückstände in Tierkadavern sorgten jedoch für einen Rückgang der Art um über 90 Prozent. 12.400 bis 36.000 Tiere zählt der Bestand schätzungsweise noch. Die verantwortlichen Medikamente sind in vielen Ländern mittlerweile verboten – eine große Chance für den Bestand, sich zu erholen.

Hoffnung für den Artenschutz 

Insgesamt zeichnen sich trotz steigender Bestände auch für die Zukunft viele Hürden bei der Erholung gefährdeter Arten ab. Denn der Mensch stellt nach wie vor eine große Gefahr für Tiere da, denen eine Anpassung an den menschlichen Eingriff in die Natur nicht möglich ist. Gleichzeitig zeigen die Erfolge des Artenschutzes das große Potential des Menschen in der Rettung von Arten. Selbst lange ausgestorbene Arten und jene Tiere, die nur noch einen sehr geringen Bestand zählen, können erfolgreich wieder aufgebaut werden.

Beitragsbild: Ingo Doerrie | unsplash.com

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Lara Schmalzried

Lara ist Online-Chefredakteurin des Good News Magazins. Lange hat sie von einer besseren Welt geträumt. Jetzt schreibt sie Artikel, die den Blick auf die Welt verändern.

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